Tag Archiv für CSD

16. Juli 2016, Leipzig: Erste Einblicke in das neue Buch „Schwule Sichtbarkeit – schwule Identität“

Passend zu dem am 16. Juli stattfindenden CSD in Leipzig gibt es bei der „Radical book fair“ (ab 16:30 Uhr, Veranstaltungsort) erste Einblicke in das neue Buch „Schwule Sichtbarkeit – schwule Identität“, das aktuell im Druck ist und im Herbst im Gießener Psychosozial-Verlag erscheint. Das von Zülfukar Çetin und Heinz-Jürgen Voß verfasste Buch wendet sich facettenreich und kritisch Politiken der Sichtbarkeit zu. Unten folgt der Klappentext – ausführlichere Passagen des Buches gibts in Leipzig. Vielen Dank an Salih Alexander Wolter für die tolle Unterstützung sowie das gemeinsame Nachdenken und Arbeiten!

Klappentext: Vorangetrieben von »Schwulen« selbst wurde seit dem 19. Jahrhundert das Konzept schwuler Identität durchgesetzt. Noch heute gelten »Sichtbarkeit« und »Identität« weithin als Schlüsselbegriffe politischer Kämpfe Homosexueller um Anerkennung und Respekt. Jedoch wird aktuell immer deutlicher, dass auf diese Weise ein Ordnungsregime entsteht, das auf Geschlechternorm, Weißsein, Bürgerlichkeit und Paarbeziehung basiert. So werden beispielsweise Queers of Color und Queers mit abweichenden Lebensentwürfen marginalisiert. Die Autoren des vorliegenden Bandes hinterfragen die Gewissheit, dass eine einheitliche schwule Identität existiert, aus unterschiedlichen Perspektiven: bewegungsgeschichtlich, wissenschaftstheoretisch und mit Blick auf aktuelle gesellschaftliche Auseinandersetzungen um Homonationalismus und rassistische Gentrifizierung.

Es schließt sich um 17:30 Uhr die Vorstellung des Sammelbandes „Geschlechtliche, sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung: Praxisorientierte Zugänge“, herausgegeben von Michaela Katzer und Heinz-Jürgen Voß, an.

Klappentext: Selbstbestimmung geht über die Überwindung bzw. Abwesenheit von äußerem Zwang hinaus. Sie erfordert positives Bewusstsein über Möglichkeiten eigenen Handelns mit einem Spektrum von Anpassung bis Ausbruch. Geschlechtliche Selbstbestimmung schließt Abweichung, Veränderung und Deutungshoheit über körperliche Geschlechtsmerkmale ein.
Im vorliegenden Buch wird »Selbstbestimmung« im sexualwissenschaftlichen Diskurs aus akademischer und aktivistischer Perspektive betrachtet. Die Beiträge beleuchten Aspekte von Inter- und Transsexualität, Asexualität, Sexualität unter Haftbedingungen, im Kontext von Behinderung sowie außerhalb heterosexueller Paarbeziehungen. In ihrer Vielfalt sind die Beiträge Zeitzeugnis, geben zugleich einen Ausblick auf die Zukunft und tragen dazu bei, gängige Denkschablonen zu überwinden.
Mit Beiträgen von Anne Allex, Markus Bauer, Heike Bödeker, Jens Borchert, Diana Demiel, Andreas Hechler, Michaela Katzer, Torsten Klemm, Katja Krolzik-Matthei, Anja Kruber, Alina Mertens, Andrzej Profus, Nadine Schlag, Heino Stöver, Manuela Tillmanns, Daniela Truffer, Heinz-Jürgen Voß und Marlen Weller-Menzel

CSD Hannover: Schwule Anpassung zum Christopher Street Day

Lesenswerter Beitrag bei verqueert.de:

„Am Pfingstwochende fand der CSD Hannover statt. Wie jedes Jahr stellt sich die Frage: Will ich teilnehmen?

Das Motto ist wenig beherzt und nicht politisch – „Liebe ohne Grenzen – Liebe zur Vielfalt“ sagt alles und nichts aus. Mein Blick geht vom Motto aus weiter und ich suche nach Forderungen – vergebens. Weder hat der CSD Hannover einen Forderungskatalog, noch zeigen die Organisierenden Interesse an einer politischen Demonstration. Auf der Homepage des CSD wird die Parade mit ein paar dürren Worten abgespeist, hingegen wird breit für kommerzielle Angebote in den nächsten Wochen geworben. Und hier zeigt sich keineswegs gelebte oder geliebte ‚Vielfalt‘. Statt mit Geschlechtervielfalt wird nur mit den ewig gleichen gestylten Männer geworben, genau wie auf den allmonatlich gleichen und stets langweiligen Ausgaben der hannover’schen Schwulen-Zeitschrift „Gay-People“. Immerhin gibt es noch den Link „Szene“ auf der Homepage des CSD-Hannover. Ich habe noch etwas Hoffnung, immerhin waren zuletzt die queeren Regisseure Aydın Öztek und Aykan Safoğlu in Hannover, mit ihren queeren politischen Kurz- bzw. Dokumentarfilmen, die international gewürdigt sind. Und immerhin gibt es auch einige Orte, an denen zumindest randständig auch Politik in der lesbischen und schwulen Szene Hannovers eine Rolle spielt, wenn auch Möglichkeiten für Trans* und Inters* noch immer (nahezu) völlig fehlen. Doch bei der Szene, die der CSD Hannover kennt, bleibt der erhoffte leichte politische Aufschlag aus. Auf der Homepage heißt es nur kurz und knapp und ich zitiere vollständig: „Szene in Hannover: Neben regelmäßigen Partys & Events hat Hannover eine Reihe an schwul-lesbischen Locations. Fever Club (Club/Discothek), Caldo (Cocktailbar), Café Konrad (Café), Martinos (Bar)“. Nur die kommerziellen Schuppen – krass! Es zeichnet sich eine klare Szenerie: Cis*-Männer der Mittelklasse, schwul, weiß bespaßen sich selbst. Mich juckt es, endlich eine Gegendemonstration anzumelden, denn weiße cis*-Männer dominieren ohnehin die ganze Gesellschaft, meist auf Kosten von ‚Vielfalt‘. Weiter bei verqueert.de.

Queer, kritisch, antirassistisch zum CSD Stuttgart

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Chris*tina Street Day – QueerFeministisch, Solidarisch, Antirassistisch
Demonstration: Samstag, 28.07.12 – 16.00h – Stuttgart, Böblinger Straße
Startnummer 14, Sammlung ab 14 Uhr an der U-Haltestelle Erwin-Schöttle-Platz

Bereits am Vorabend Veranstaltung (in Tübingen!, Schellingstr. 6): Freitag, 27.07.12 – 20.30h: „Eine gerechte Gesellschaft gestalten: Queer & Antikapitalismus“

Ein Blick zurück: Stonewall was a riot
Seit es 28.06.1969 in der Szene-Bar “Stonewall Inn” in New York zum ersten bekannt gewordenen Aufstand “sexueller Minderheiten” gegen Polizeiwillkür und Diskrimierung kam, ist der “Christopher Street Day” ein Fest-, Gedenk- und Protesttag von LGBT’s (lesbian gay bisexuel transgender) in aller Welt.
Als sich bei den Stonewall-Revolten die Wut über Polizeigewalt, Kriminalisierung und Rassismus entlud, bildete sich der Bezugspunkt für die folgenden Jahrzehnte der lgbt*-Bewegung (lesbian, bi, gay, transgender). Die Forderungen nach (bürgerlichen) Rechten und Gleichberechtigung, die Auseinandersetzungen innerhalb der community um Rassismus und Ausgrenzung, die Act Up-Bewegung (AIDS Coalition to Unleash Power) und die damit einhergehende Politisierung der homophob besetzten Thematisierung von „Aids“ finden alle ihre Tradition in den Tagen des Aufstands in der Christopher Street.
In den Kämpfen der lgbt-Bewegungen sehen wir, wie gesellschaftliche Widersprüche sichtbar und angreifbar werden und sich radikale Gesellschaftskritik audrücken kann! Daran wollen wir anknüpfen, frech und widerständige queerFeministische Praxen gestalten, in denen für uns stets auch die Vision einer anderen Gesellschaft skizziert wird!

Ein Blick ins Jetzt:
Homophobe und trans*phobe Gewalt sind nicht von der Bildfläche verschwunden, „schwul“ gilt weiterhin vielerorts als Schimpfwort, Transsexualität wird immer noch als psychische Krankheit klassifiziert, es finden weiterhin chirurgische „Genitalkorrekturen“ bei intergeschlechtlich geborenen Kindern statt und die „eingetragene Lebenspartnerschaft“ wartet im Übrigen noch immer auf die rechtliche Gleichstellung mit der heterosexuellen Ehe. Weiterlesen

::: Heraus zum Transgenialen CSD am 23. Juni 2012 in Berlin :::

Der CSD ist ein weltweiter Gedenk-, Fest- und Demonstrationstag von und für schwule, lesbische, bi-, trans-, und intersexuelle Menschen sowie andere ausgegrenzte sexuelle Identitäten. Der Berliner Transgeniale CSD (TCSD) ist eine seit 1998 jährlich Ende Juni stattfindende Demonstration, die sich als politische Alternative zum kommerziellen Christopher Street Day versteht, der meist parallel stattfindet. Der TCSD richtet sich gegen die Diskriminierung und Ausgrenzung von Schwulen, Lesben, Bisexuellen, Transgendern und intergeschlechtlichen Menschen. Zugleich greift der TCSD das Prinzip der Heteronormativität – ein unhinterfragtes, ausschließlich zweiteiliges Geschlechtssystem – an, das in allen Teilen der Gesellschaft verbreitet ist und soziale, emotionale und kulturelle Standards hervorbringt, die Ausgrenzung bewirken. Immer thematisiert der TCSD aktuelle politische Entwicklungen. Der TCSD positioniert sich klar gegen Rassismus, Neonazismus, Gentrifizierung, staatliche Abschiebungen, prekäre Arbeitsbedingungen und soziale Ausgrenzung.

Benannt ist der CSD nach der ersten bekannt gewordene Gegenwehr in großem Umfang von Homosexuellen und anderen sexuellen Minderheiten in der New Yorker Christopher Street im Stadtviertel Greenwich Village. In den frühen Morgenstunden des 28. Juni 1969 fand in der Bar „Stonewall Inn“ der sogenannte Stonewall-Aufstand statt. Es kam in der Folge zu tagelangen Straßenschlachten zwischen Schwulen und Lesben sowie der Polizei. Zum Gedenken an diese Ereignisse, aber auch, um für gesellschaftliche Veränderungen und gegen Diskriminierung zu protestieren, erfolgen seither jährlich weltweit Demonstrationen. Der TCSD sieht sich in dieser politischen Tradition. Anpassung, Kommerzialisierung, (Homo)nationalismus und Pathologisierung von trans- und intergeschlechtlichen Menschen sind nach wie vor Grund genug für Widerstand und den Versuch, Gegenmacht zu entfalten angesichts institutioneller und alltäglicher Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt hier und weltweit.

Doch gerade hier in Deutschland, wo die rigide Bekämpfung von Homosexualität während des Nationalsozialismus ihre tiefen Spuren hinterlassen hat, wo Homophobie und die Ausgrenzung von Minderheiten allgemein eine lange Tradition haben und auch die politische Linke nicht „frei“ davon ist, wo sich nicht zuletzt auch Minderheiten oft gegeneinander ausspielen lassen, ist es notwendig, solidarisch für eine grundlegende gesellschaftliche Veränderung einzutreten. Die Gesellschaft verändern und nicht in ihr „ankommen“! Für eine antikapitalistische Perspektive!

::: Transgenialer CSD ::: 23.06.2012 ::: 13 Uhr, Elsenstraße/Am Treptower Park (vorm Treptower Park Center) ::: 18 Uhr: Abschlusskundgebung am Heinrichplatz: Bühne mit Redebeiträgen, Performances, Musik und Infoständen :::

 

Mehr Infos auf der Internetpräsenz des TCSD: https://transgenialercsd.wordpress.com/

AG Schwule in der Antifaschistischen Revolutionären Aktion Berlin [SCHWARAB!]

(Der Text entspricht der Mitteilung der Initiative gegen Rechts)

Wenn Schwule Frauen hassen: Die Debatte um den Münchner „Christina Street Day“

(Von Heinz-Jürgen Voß; zuerst erschienen in „Rosige Zeiten“, Nr.133 (Mai / Juni 2011)

Es braucht schon einiges an Durchhaltewillen, wenn man die Kommentare, die sich im Anschluss an die Münchner Ankündigung, den dortigen CSD in diesem Jahr als „Christina Street Day“ zu feiern, in Foren ertragen will.
Bereits am 26.2. berichtete Queer.de ausführlich über die in München geplante einmalige Umbenennung. Damit wollen die dortigen CSD-Veranstalter darauf aufmerksam machen, dass Lesben bislang viel zu wenig in der öffentlichen Berichterstattung über den CSD vertreten sind. Das Münchner CSD-Team will so „mit der Umbenennung in Christina Street Day Irritation, Aufmerksamkeit und Diskussion schaffen.“ (1) Und genau das haben sie auch erreicht und nicht zuletzt, den Münchner CSD, der sonst eher in der zweiten Reihe hinter den CSDs in Berlin und Köln wahrgenommen wird, in den Blickpunkt lesbischen, und noch mehr schwulen Interesses, gerückt.
Ein kurzer Rückblick: Am 28. Juni 1969, am Tag der Beisetzung von Judy Garland, versammeln sich Schwule, Lesben, Bisexuelle, Stricher, Dragqueens im „Stonewall Inn“ in der New Yorker Christopher Street 53. Sie wollen der Diva gedenken. Oft waren Razzien der brutalen Polizei an der Tagesordnung gewesen – Alkoholausschank an Homosexuelle war verboten, gleichgeschlechtliche Paare durften nicht miteinander tanzen, jeder musste mindestens drei Kleidungsstücke entsprechend seinem biologischen Geschlecht tragen. Widerstand gab es nicht – aber an diesem Abend doch. Dass nun selbst das trauernde Gedenken an die Ikone gestört wird und Polizisten wieder brutal knüppeln, führt zu einer gemeinsamen Gegenwehr, zum „Aufstand der Perversen“. Die Gegenwehr ist so stark, dass sich die Polizisten im Stonewall Inn verschanzen müssen und auch ein herangerufenes Sonderkommando die Lage nicht in den Griff bekommt. Aus umliegenden Bars und Kneipen eilen Menschen heran, um den Kampf gegen die Polizei zu unterstützen. Am nächsten Tag, nach einer neuerlichen Razzia, flammt der Kampf erneut auf – und endet erst nach mehreren Tagen, als der Chef der New Yorker Polizei die Polizei-Razzien untersagt. An diesen „Aufstand der Perversen“ wird mit den alljährlich stattfindenden Christopher Street Days in vielen Städten weltweit erinnert. Weiterlesen

Berliner CSD – Judith Butler kritisiert schwul-lesbischen Rassismus und fordert zu gemeinsamen Kampf gegen Rassismus und Homophobie auf

(von Ralf Buchterkirchen, erschienen in Rosige Zeiten, Nr. 129 — Hier ist das Heft als pdf-Dokument online.)

Alle Jahre wieder. Christopher Street Days haben sich in den letzten Jahren zur Routine entwickelt. Von ein paar Ewiggestrigen abgesehen, die die Demonstrationen verurteilen oder beleidigen müssen, wie jüngst ein CDU-Landtagsabgeordneter aus Sachsen, der die CSD-Teilnehmer am liebsten gleich inhaftieren würde und das auch kund tut, haben sich die Veranstaltungen zur wichtigen Meinungsäußerung, aber nicht mehr zum Objekt des Aneckens verändert.
Einen ‚Skandal‘ gab es dann doch noch. Der Berliner CSD e.V. verleiht im Rahmen des CSDs Berlin den Zivilcourage Preis für gezeigte Zivilcourage und das Eintreten für Minderheiten. Dieses Jahr war neben dem Sexualwissenschaftler Martin Dannecker die Philosophin Judith Butler die zu Ehrende. Butler (oder ‚Frau Butler‘ wie sie die TAZ konsequent titelte) steht für das Aufbrechen der Geschlechtergrenzen. Mit dem Buch ‚Gender Trouble‘ (auf Deutsch als ‚Das Unbehagen der Geschlechter‘ erschienen) begründete die amerikanische Wissenschaftlerin maßgeblich die Queer Theory als Wissenschaftszweig. Aber auch zu Themen wie Krieg und Frieden weiß sie sich zu äußern, wie in ihrem unlängst erschienen Buch ‚Raster des Krieges‘. Weiterlesen

Christopher Street Day – Was ist das eigentlich?

New York City, 28. Juni 1969. Am Tag der Beisetzung von Judy Garland (bekannt aus „Der Zauberer von Oz“) versammeln sich Schwule, Lesben, Bisexuelle, Stricher, Dragqueens und alle anderen, die in den Vereinigten Staaten als „krank“ oder „psychisch gestört“ bezeichnet werden im „Stonewall Inn“ in der Christopher Street 53. Sie sind gekommen, um der großen Diva zu gedenken.

Schon oft mussten Homosexuelle und alle anderen Anderen brutale Razzien über sich ergehen lassen. Der Alkoholausschank an Homosexuelle, das Tanzen gleichgeschlechtlicher Paare ist verboten und jeder muss mindestens drei Kleidungsstücke entsprechend seinem biologischen Geschlecht tragen. Aus Angst vor Inhaftierungen oder Schlimmerem leisten die Opfer keinen Widerstand. Sie lassen den prügelnden Cops freien Lauf. Weiterlesen