(von Heinz-Jürgen Voß, aus „Rosige Zeiten„, Dezember 2010 / Januar 2011)
Für das Jahr 2011 werden dem Nevermind e.V. die Stadt- und Landes-Mittel zur Unterhaltung des LesBiSchwulen Infoladens „Knackpunkt“ nicht mehr bewilligt. Das gaben vor einigen Wochen die städtischen Beauftragten für Lesben und Schwule, Regina Kohrt und Axel Blumenthal, dem Verein mündlich bekannt; eine schriftliche Mitteilung hierüber liegt dem Verein bis heute nicht vor. Grund sei, dass es dem Verein, wie in den vergangenen Jahren, „nicht gelungen“ sei, „einen lückenlosen Verwendungsnachweis zu bringen“, erklärte Axel Blumenthal auf Nachfrage. Damit stehen neben dem Infoladen auch die übrigen an den Verein Nevermind e.V. angegliederten Gruppen, wie das Schul-Aufklärungsprojekt „Schul-AG“ und die Jugendgruppe „Mixed Pickles“ – nach eigener Aussage – bislang ohne finanzielle Mittel für das Jahr 2011 da.
Warum nicht andere Wege gewählt wurden, die einen Fortbestand des Infoladens ermöglicht hätten, ließ die Stadt unklar – möglich wäre es unter anderem gewesen, um eine zweckorientierte Verwendung der Zuwendungen sicherzustellen, zumindest für einen Übergangszeitraum von einem oder zwei Jahren die Miete und die Nebenkosten des Infoladens sowie die Personalkosten für die hauptamtlich Angestellte – das wären etwa 2/3 der Mittel – direkt durch die Stadt zu begleichen und lediglich die Zahlung der übrigen Kosten einzustellen oder an Auflagen zu binden. Warum das nicht geschah und warum nicht zumindest für die weiteren an den Verein angeschlossenen Projekte Sonderregelungen getroffen wurden, ist nicht nachvollziehbar. Der Vorstand des Nevermind e.V. sah so keine andere Wahl, als den Mietvertrag für den „Knackpunkt“ zum 31.12.2010 zu kündigen – in der Knochenhauerstraße 11 wird es also definitiv nicht weitergehen. Und auch der Nevermind e.V. muss sich fragen, wie es soweit kommen konnte und warum es nun schon über mehrere Jahre nicht möglich war, finanzielle Mittel ordnungsgemäß nachzuweisen.
Dennoch soll es weitergehen! Am 9. Dezember trafen sich an die dreißig Interessierte aus unterschiedlichen hannover’schen Initiativen, um darüber zu beraten was passieren soll. Laut Vertreter_innen aus der städtischen Politik und der Beauftragten für Lesben und Schwule seien die Mittel für den Infoladen nach wie vor im Haushaltsentwurf eingeplant. An ein neu zu gründendes Projekt könnten sie also – bei Gefallen …bzw. einem guten Konzept – ausgezahlt werden. So schloss sich ein erstes Brainstorming darüber an, wie eine neue offene und einladende Anlaufstelle für Lesben, Bis, Trans* und Schwule aussehen könnte; dass ein solcher Laden offen für alle sein sollte, daran bestand kein Zweifel. Offen solle er für Menschen jeden Alters, mit und ohne Behinderung, mit und ohne Migrationshintergrund sein – so ein erstes Meinungsbild. Ein Café wird angestrebt, da dieses einladender wirke, als die eher büroähnliche Ausstattung des nun schließenden Knackpunktes. Das Oldenburger „Hempels“ galt als ein Muster. Nun wird ein Konzept erarbeitet, an dem alle Interessierten teilnehmen können; zu einem weiteren Treffen wird für den Januar/Februar eingeladen. Bereits fest steht die zweite „Zukunftswerkstatt“ des Lesbenzentrums, die am 22. Januar 2011 stattfindet (im Freizeitheim Linden, Infos: www.lesbenzentrum.de) und bei der auch über ein neues „zu Hause“ gesprochen werden soll und hierzu alle Lesben herzlich eingeladen sind – die Ergebnisse sollen dann auch in das Gesamtprojekt mit einfließen.
So blickt die Tunte von Welt mit einem lachenden und einem weinenden Auge nach Hannover: Der Knackpunkt ist Geschichte – und damit der einzige Informations- und Kontaktladen für Lesben, Bis und Schwule in Hannover. Die Stadt ist damit lesBiSchwul noch ärmer geworden, als sie es bisher schon war. Aber: Es soll wieder etwas geben – und es hat auch etwas Gutes, wenn viele Leute einfach mal wieder nachdenken müssen, was sie eigentlich wollen. Ein spannendes neues Projekt ist der Stadt zu wünschen!
Schreibe einen Kommentar