Tag Archiv für Waldschloesschen

Waldschlösschen, „Mittendrin – mehr als nur die Geschichte eines Tagungshauses“

Irgendwo bei Bremke, nah dem Universitätsstädtchen Göttingen, idyllisch im Wald gelegen, steht es, das ehemalige Ausflugslokal und die jetzige Akademie Waldschlösschen. 1982 – vor nunmehr 25 Jahren – wurde das Waldschlösschen als (lesbisch-)schwule Tagungsstätte von ambitionierten Bewegungsschwestern gegründet – und ist bis Heute die einzige dieser Art in der Bundesrepublik Deutschland geblieben. Seitdem bietet es mit großem Erfolg Bildungsseminare, Workshops, eine starke inhaltliche und praktische Arbeit zum Thema HIV und Aids und nicht zuletzt Lesben und Schwulen die Möglichkeit, Gleichgesinnt zu treffen und dem diskriminierenden Alltag zumindest einige Tage zu entkommen. Insofern bedeutet ein Treffen im Waldschlösschen für viele weit mehr als ‚bloße Bildungsarbeit‘: Ankommen am Waldschlösschen heißt Abstreifen heterosexuell normierter Welt für ein Wochenende, fallen in ein (Funk-)loch und die Chance abseits normativer Mechanismen Menschen kennenzulernen und zu leben. Vor 25 Jahren war das Haus der Treffpunkt im alternativen Ambiente der kämpferischen Schwulenbewegung, war es autonome Einrichtung einer Gegenöffentlichkeit. Heute ist das Waldschlösschen Akademie mit komfortabler Unterbringung, staatlich anerkannt und durch eine Stiftung gestützt. Zum 25 jährigen gratuliert die ROZ recht herzlich!! Neben zahlreichen Veranstaltungen zum Jubiläum nutzen wir hier die Möglichkeit, eine rück- und voranblickende Jubiläumspublikation vorzustellen: „Waldschlösschen mitten drin – ein Lesebuch“ heißt dieses Buch zu einem wesentlichen Stück lesbischer und schwuler Geschichte in der Bundesrepublik Deutschland. Die Macherinnen und Macher liefern darin einen sehr persönlichen Blick über die wechselvolle Geschichte. Vom Pacht- zum Mietvertrag bis zur Gründung der Stiftung; vom Einbau der ersten Holzbefeuerung über den Bau des Bettenhauses bis zur Vollverpflegungsküche werden im ersten Teil des Buches 25 Jahre überwiegend schwule Geschichte nachgezeichnet. Dabei entsteht ein realitätsnahes Bild der politischen und gesellschaftlichen Arbeit und deren Veränderung beginnend zu einer Zeit, in der der Kampf um die Abschaffung des § 175 noch in vollem Gange war. Aus heutiger Sicht scheint es beispielsweise eher lächerlich, wenn das Göttinger Tageblatt im September 1986 berichtet, das die CDU-Fraktion im Kreistag 5000 DM für notwendige Sanierungsmaßnahmen am denkmalgeschützten Gebäude nicht bewilligte, weil dort Seminare für Homosexuelle stattfänden. 13 Jahre später wird das Waldschlösschen als „förderungsberechtigte Heimvolkshochschule nach den niedersächsischen Erwachsenenbildungsgesetz“ anerkannt. Weiterlesen