(von Heinz-Jürgen Voß, erschienen in Rosige Zeiten, Nr. 132 [März/April 2011])
Mittlerweile titeln Zeitschriften: „Politiker? Männlich? Schwul? Glückwunsch!“ (Stern, 25.08.2009) – Oder: „Deutsche haben nichts gegen schwule Politiker“ (Welt, 27.03.2010), wobei die Zeitschrift Welt sogleich das Bild einer liberalen westdeutschen Tradition anschloss: „Wird Guido Westerwelle deshalb so scharf kritisiert, weil er homosexuell ist? Die Geschichte schwuler Politiker in der Bundesrepublik gibt wenig Anlass zu dieser Vermutung. Denn das Land ist in dieser Frage verlässlich liberal – schon Adenauer war Homosexualität hauptsächlich ‚ejal‘.“
Alles ganz normal – oder? In jedem Fall lässt sich eine Normalisierung feststellen: Waren homosexuelle Frauen und Männer in „Deutschland“ lange Zeit Diskriminierungen ausgesetzt, wurden schwule Männer gar durch den § 175 lange Zeit verfolgt und mit Bezug auf diesen Paragraphen noch in den 1990er Jahren dutzende Männer wegen schwulem Sex verurteilt, so hat sich dieses Bild mittlerweile gewandelt. 1994 wurde der § 175 auch in den alten Bundesländern abgeschafft, 2001 die Eingetragene Lebenspartnerschaft eingeführt, die zumindest auf eine zunehmende Normalität von Homosexualität hinweist. Und zu Beginn des neuen Jahrtausends gab es eine Reihe von Politikeroutings – die eine breite mediale Resonanz erfuhren und zu einer steten Thematisierung von homosexueller Männlichkeit in der bundesdeutschen Öffentlichkeit beigetragen haben. Weiterlesen