Im Zusammenhang mit einem Beitrag bei Queer.de hier ein kurzer Kommentar:
Volker Beck hat uns überhaupt erst die Misere eingebrockt, dass man sich mit einem so schwachen Sondergesetz wie der ‚Homo-Ehe‘ rumschlagen muss.
Während schon die doch recht konservative Zeitschrift Der Spiegel sich 1996 für ein Wahlfamilienmodell aussprach (Zitat: „Was eine Familie ist, entscheidet sich künftig danach, wer mit wem beim Frühstück sitzt – und nicht mehr nach Trauschein, gemeinsamem Namen oder Stammbuch. Nicht mehr die traditionelle Ehe, sondern alle ‚auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaften‘ genießen den Schutz der Rechtsordnung – so jedenfalls steht es in der neuen Landesverfassung von Brandenburg . Ähnliche Verfassungsformulierungen finden sich auch in anderen neuen Ländern.“ (Der Spiegel 1996: 79)), zielte Beck auf den Bürgerrechtsansatz, der nur wenige an Hetero-Privilegien teilhaben lassen sollte, die meisten schwulen Lebensweisen aber weiter und noch stärker diskriminierte.
Bereits 1991 schrieb die Vorsitzende des Lesbenrings zur Homo-Ehe, dass sie „einen Versuch [darstelle], schwules Leben zu domestizieren und es im Zeitalter von AIDS in geordnete Bahnen zu lenken“. Zukünftig würden nur die Schwulen, die mit Heirat „eine gewisse Stetigkeit“ versprächen toleriert, die anderen hingegen „als ‚besonders gefährlich‘ diskriminiert und verfolgt“. Dass diese Befürchtung nicht aus der Luft gegriffen war, sehen wir nun hier .
Insofern geht es doch endlich darum, weiterzudenken. Es ist doch spannend, dass der ‚zivile Solidaritätspakt‘ (PACS) in Frankreich, der seit 1999 allen Paaren offen steht, unabhängig von Lebensweise, Geschlecht, sexueller Orientierung schon im Jahr 2010 – also allein in diesem jahr – von 205.000 Paaren geschlossen wurde (bei 250.000 Ehen), während in der Bundesrepublik die Eingetragene Lebenspartnerschaft insgesamt (!) im Jahr 2011 nur 34.000 Mal bestand.
Wer heiraten will, soll dies tun und selbstverständlich muss dafür die Ehe offen sein. Aber es muss doch heute um ein hinreichendes Familienmodell gehen, in dem den konkreten Bedürfnissen von zwei oder mehr (!) Personen Rechnung getragen wird, bestimmte Rechte gegenseitig zuzugestehen. Dass das nötig ist – und eine ‚Ehe-Form‘ nicht ausreicht -, machten die Aids-Hilfen seit Anfang der 1990er Jahre klar und auch eine damalige Umfrage des Bundesministeriums für Justiz ergab weiterreichenden Handlungsbedarf. Das mit Volker Beck und Manfred Bruns dann Lesben und Schwulen ein Sondergesetz als ‚Homo-Ehe‘ übergeholfen wurde, ist wahrlich kein Grund zu feiern. Alternativen sind nötig: Und dafür lohnt es sich, auf den französischen PACS zu sehen, auf das Wahlfamilien-Modell der Linken und den ‚Familienvertrag‘ und den ‚Solidaritätsvertrag‘ wie er nun sogar von der Opposition in Bündnis 90 / Die Grünen vertreten wird.