Tag Archiv für antimilitarismus

Männlichkeiten und Militarismus „Menschen leben lieber bunt als soldatisch“

Ralf Buchterkirchen hat Queer.de ein sehr lesenswertes Interview zu Queer als Widerstand gegen das Militärische, als Widerstand gegen die Bundeswehr gegeben und erläutert die Hintergründe für sein Buch  „‚… und wenn sie mich an die Wand stellen‘ – Desertion, Wehrkraftzersetzung und ‚Kriegsverrat‘ von Soldaten in und aus Hannover 1933-1945“. Hier ein kleiner Ausschnitt – das vollständige Interview findet sich hier.

Du bist in der Friedensbewegung aktiv. Gibt es einen Zusammenhang mit deinem queeren Engagement?

Auf jeden Fall. Nicht umsonst waren Schwule nie im Militär wirklich willkommen – und sind sie es heute nur aus Imagegründen und aus militärstrategischen Interessen. Die aktuellen Kriege werden vordergründig mit Homosexuellen- und Frauenrechten begründet, die anderen Interessen vernebelt, so dass es für die Armee als notwendig erscheint, „emanzipatorisch“ und „schwulenfreundlich“ zu wirken. Gleichzeitig gilt weiterhin, dass Schwulsein in gewisser Weise die normativen Männlichkeitsbilder angreift. Ohne das Selbstverständnis von Soldaten als heroische Kämpfer und den erwarteten Rollenvorstellungen könnte Militär nicht funktionieren.

[…]

buchterkirchen_militaer_desertion_wehrkraftzersetzung_hannoverSpielt queer in deinem Buch eine Rolle?

Ja. Es ist quasi ein Gegenstück zu den festgefügten Männlichkeitsnormen. Queer beinhaltet Offenheit, wendet sich gegen militärische und sonstige staatliche Gewalt gegen Menschen. Queer waren die Kämpfe in der New Yorker Christopher-Street – gegen die Polizeigewalt. Und zentraler Angelpunkt damals war, dass sich die gegen die Polizeigewalt zur Wehr setzenden auch deutlich gegen klare Geschlechtsidentität und Geschlechterrollen aussprachen.

Queer bietet also den Ansatz zum Hinterfragen und Angreifen von Norm. Aus dieser Sicht wende ich mich dem Thema Desertion zu. Ich arbeite gerade die individuellen Motive der Menschen heraus, die sich dem Gehorsam verweigerten. Es waren nicht einfach alle „politische Widerstandskämpfer“, sondern einige hatten einfach den Krieg satt, wollten zu ihren Familien, konnten das Töten nicht mehr sehen. Solch individuellen Motive kamen bisher in der Forschung zu kurz – ich halte sie für bedeutsam, auch deshalb, weil das Leben, das bunte Leben von Menschen diametral soldatischer Ordnung, Kriegsinteressen und dem Töten von Menschen entgegensteht. Ein Deserteur schrieb in einem Abschiedsbrief an seine Familie: „Das Leben hat das Recht.“ So ist es.

zum vollständigen Interview

Fest für ein Deserteursdenkmal in Hamburg – 1. bis 4. Mai

Das aus 22 Gruppen bestehende “Bündnis für ein Hamburger Deserteursdenkmal” lädt wie jedes Jahr zum Klotzfest. Rings um den sogenannten Kriegsklotz in der Nähe des Bahnhofs Dammtor werden vom 1.5. bis zum 4.5. Künstler_innen, Autor_innen und Aktive sich dem Thema Desertion widmen. Es lohnt auf jeden Fall vorbeizuschauen: Auf www.feindbeguenstigung.de findet sich ein umfangreiches Programm.

Für die Wahrheit in der Todeszelle Der Fall Bradley Manning

(Der folgende, sehr lesenswerte Beitrag wurde von Lena verfasst und ist in der Zeitschrift „utopia – herrschaftslos gewaltfrei“ (Nr.19, Sommer 2011; www.jugendzeitung.net) erschienen. Ich bedanke mich ganz herzlich bei Lena und der Redaktion für das Einverständnis zur Zweitveröffentlichung! — Im Übrigen ist die gesamte Ausgabe sehr lesenswert!)

 

 

Free Bradley Manning!Bereits im Mai 2010 wurde der 23-jährige Bradley E. Manning unter dem Verdacht, wichtige Geheimdokumente an die Enthüllungsplattform WikiLeaks weitergegeben zu haben, verhaftet. Seitdem sitzt er in einem Hochsicherheitsgefängnis der USA – ihm droht die Todesstrafe.

Hintergrund
2007 begann Mannings Karriere bei der US-Armee. Über das Rechnernetz des Außen- und Verteidigungsministeriums hatte der ausgebildete Nachrichtenanalyst über mehrere Monate Zugriff auf geheime Dokumente.
Am 22. Mai 2010 meldete der als Hacker bekannt gewordene Adrian Lamo, dass Manning ihn in einem Chat kontaktiert und sich mit den ihm zugänglichen Staatsgeheimnissen gebrüstet habe. Lamo schaltete nach drei Tagen US-Staatsschützer ein, die ab sofort die digitalen Gespräche mitgelesen haben. Am 26. Mai wurde Bradley Manning während seiner Stationierung in Irak festgenommen.

Verlauf der Anklage
Dem amerikanischen Soldaten wird vorgeworfen, Informationen zur nationalen Verteidigung an eine nicht befugte Quelle übermittelt zu haben, hierunter Videoaufnahmen, die von WikiLeaks für das Collateral-Murder-Video verwendet wurden und die Depeschen (Cables) der amerikanischen Botschafter.  Diese Dokumente erfuhren durch die massive Verbreitung mittels WikiLeaks  eine enorme mediale Bedeutung und wurden in der ganzen Welt wahrgenommen. Bereits zu diesem Zeitpunkt drohten Manning 52 Jahre Haft.
Im Dezember 2010 soll Manning laut der britischen Tageszeitung The Independent ein „Plea Bargaining“, also ein Verhandeln der Schuld, angeboten worden sein. Dieses Verfahren sollte dem bisher nicht kooperierenden Angeklagten eine Aussage zur Anstiftung durch Julian Assange entlocken und ihm die Haft erleichtern. Assange, der Gründer von WikiLeaks, behauptet, noch mehrere geheime Dokumente in der Hinterhand zu haben, die den USA Schaden zufügen könnten.
Am 2. März 2011 wurde Manning, der neben der amerikanischen auch die britische Staatsbürgerschaft besitzt,  in 22 weiteren Punkten beschuldigt. Der schwerwiegendste Punkt, die „Kollaboration mit dem Feind“, könnte für den 23-Jährigen die Todesstrafe bedeuten. Weiterlesen