Tag Archiv für deutsche beschneidungsdebatte

„Bist du cut oder uncut?“ – Beitrag zur Vorhautbeschneidungsdebatte bei Queer.de

Weder vom Wohlfühlen her noch aus medizinischer Sicht ergibt sich eine klare Positionierung zur Beschneidung. Gegner ignorieren die antisemitischen und antimuslimischen Auswirkungen der Verbotsdebatte.

„Was magst du lieber: cut oder uncut?“ war eine der beliebten Umfragen in schwulen Medien. Dabei ging es um Empfindung, Spaß am Blasen und am Ficken; es ging um Vorlieben. Mit der „Beschneidungsdebatte“ der letzten Monate kam auf einmal ein ganz neues Gefühl auf: Statt sich einfach etwa zu schnellem unproblematischen Sex verabreden zu können, musste man sich vorsehen nicht unversehens in ein psychologisches Gespräch zu geraten, indem das Un/Cut diskutiert oder gar problematisiert wurde. Also: Therapiesitzung oder Therapiegedanken im Hinterkopf, statt des unverfänglichen Sexes. …

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zum Buch: Interventionen gegen die deutsche „Beschneidungsdebatte“ / erschienene Rezensionen

Für eine tolerante, multikulturelle und multireligiöse Gesellschaft – Christine Buchholz (Die Linke) mit einer sehr guten Rede im Bundestag

 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Ich spreche hier für den Teil meiner Fraktion, der im Grundsatz den Gesetzentwurf der Bundesregierung unterstützt. Ich sage „im Grundsatz“, weil ich vor dem Kölner Urteil nicht der Meinung war, dass ein Gesetz zur Regelung der religiös motivierten Beschneidung in Deutschland nötig ist.

Aber das Kölner Urteil war ein Schock für die übergroße Mehrheit der Juden und Muslime in Deutschland. Es hat eine Situation geschaffen, in der ein Ritus, der für die Mehrheit der Juden und Muslime zentrale Bedeutung hat, kriminalisiert wird und bereits beschnittene Jungen und Männer als andersartig und nicht zur Gesellschaft dazugehörig stigmatisiert werden.

Ich glaube, vor zehn Jahren wäre ein solches Urteil nicht möglich gewesen. Ich kann es mir nicht anders erklären: Es steht im Zusammenhang mit steigendem antimuslimischem Rassismus und einer in diesem Land immer noch weitverbreiteten antisemitischen Haltung. Vor wenigen Wochen haben wir hier den Antisemitismusbericht diskutiert. Daher war es absolut richtig, dass die Regierung die Initiative ergriffen hat, eine Lösung zu suchen, die den Kindern und Eltern hilft, die niemanden an den Pranger stellt und keine weiteren Ressentiments schürt. Weiter auf der Homepage der Bundestags-Abgeordneten.

„Markierte Körper“: Michel Chaouli schreibt sehr gut in der ZEIT zur deutschen „Beschneidungsdebatte“

In der aktuellen ZEIT ist ein sehr sehr guter Beitrag zur deutschen „Beschneidungsdebatte“ erschienen. Unter dem Titel „Markierte Körper“ erläutert Michel Chaouli exzellent, was auch in emanzipatorischen linken Kreisen in den vergangenen Wochen nicht oder nur schwer verstanden wurde: Das „Bild des »natürlichen Leibes« […] ist ein Phantom“. Hier geht es zum Beitrag auf ZEIT online.

Sehr schön endlich mal wieder einen intelligenten Beitrag zur Debatte zu lesen! Und als Ausblick: In wenigen Wochen erscheint auch unser Band „Interventionen gegen die deutsche «Beschneidungsdebatte»“, in dem der sehr tolle Beitrag von Zülfukar Çetin und Salih Alexander Wolter ausführlich in gleicher Richtung argumentiert. Hier findet sich ein erster Blick auf den Band und hier auch direkt auf den Beitrag von Zülfukar Çetin und Salih Alexander Wolter. Der Band wird am 27.11.2012 ausgeliefert!

Nachtrag:Buch „Interventionen gegen die deutsche „Beschneidungsdebatte““
Zum Buch erschienene Rezensionen.

Buchankündigung: Interventionen gegen die deutsche „Beschneidungsdebatte“

Interventionen gegen die deutsche „Beschneidungsdebatte“

von Zülfukar Çetin, Heinz-Jürgen Voß, Salih Alexander Wolter

Edition Assemblage
96 Seiten, 9,80 Euro
ISBN 978-3-942885-42-3

Informationen beim Verlag
Zum Buch erschienene Rezensionen

Kurztext:
Kaum eine Debatte der letzten Jahre wurde in der Intensität geführt, wie die zur Vorhautbeschneidung (Zirkumzision). Interessant ist schon der Debattenverlauf, der nicht mit der Urteilsverkündung des Kölner Landgerichts Anfang Mai 2012 einsetzte, sondern erst sechs Woche später. Dafür gibt es Gründe. Auffallend war die weitgehende Zurückhaltung von Parlamentarier_innen und der medizinischen Fachgesellschaften – im Gegensatz zu anderen gesellschaftlichen Akteur_innen, die eine vehemente Position gegen die Zirkumzision einnahmen. Dieser Band interveniert hier fundiert: Zülfukar Çetin und Salih Alexander Wolter beleuchten den Diskursverlauf und erarbeiten im Anschluss an die »Dialektik der Aufklärung« und Michel Foucaults Gouvernementalitätsstudien, wie selbst die geäußerten »atheistischen« Positionen von einem protestantisch-christlichen Religionsverständnis, von Herrschaft sowie rassistischen – antisemitischen und antimuslimischen – Einstellungen durchwoben sind. Heinz-Jürgen Voß untersucht die medizinischen Studien zur Auswirkung der Vorhautbeschneidung und stellt die Ergebnisse klar vor.

Vorhautbeschneidung bei Jungen: Weg von Vorannahmen, hin zu fundierter Diskussion.

(von Heinz-Jürgen Voß; als pdf-Datei)

Ich habe in den vergangenen Wochen intensiv die Debatten um die Vorhautbeschneidung bei Jungen verfolgt. Ich hätte mir gewünscht, dass ein ähnlich intensives Streiten bzgl. der medizinischen Gewalt gegen Intersexe stattgefunden hätte. Im Gegensatz zur Vorhautbeschneidung bei Jungen kämpfen hier seit Jahrzehnten Menschen gegen die als grauenvoll empfundenen Behandlungen und ihre Folgen.

Bzgl. der Vorhautbeschneidungen bei Jungen gibt es im deutschsprachigen Raum dieses Streiten von selbst betroffenen Menschen hingegen nicht. Aber statt das als Hinweis zu nehmen, dass hier kein solches Streiten erforderlich ist oder dass es etwa nicht so dringlich ist, wurde argumentiert, ‚die beschnittenen Männer wüssten ja nicht, was ihnen bzgl. Sensitivität entgehe‘. Das eigene Empfinden und die eigene Vorannahme wurde auf andere Menschen übertragen – ein Vorgehen, dass nicht zuletzt durch Sexualwissenschaft, Gender und Queer studies und Intersektionalitätsforschung als inakzeptabel erwiesen ist.

Die Debatte ist aufgeladen, gerade weil vom Kölner Landgericht ein Urteil gefällt wurde, was gut in den strukturellen Rassismus in der Bundesrepublik Deutschland passt. Aber das sollte nicht zu voreiligen Kurzschlüssen verleiten, sondern gerade als Forderung an Wissenschaftler_innen und gut informierte Interessierte verstanden werden, genau nachzuschauen, nachzufragen und zu analysieren.

Zur Kenntnis zu nehmen ist dabei: Weiterlesen