Tag Archiv für antidiskriminierungsgesetz

Bundestagswahl am 27. September 2009: Alle Jahre wieder… Versprechen und Wirklichkeit: 2005er Wahlprogramm überprüft.

(von Ralf Buchterkirchen, aus „Rosige Zeiten“ Nr. 123 S.19-21 — Die Version hier wurde von Ralf Buchterkirchen noch sprachlich, nicht inhaltlich, überarbeitet!)

Alle Jahre wieder werden wir zur Wahl gebeten, dürfen unsere Stimme abgeben, immer wieder gibt es Regierungsprogramme, Wahlmanifeste oder schlicht Wahlprogramme, in denen versprochen, geplant und angekündigt wird und die uns zum „richtigen“ Votum bewegen sollen. Dies ist auch 2009 nicht anders. Spannend ist es jedoch, mal zurückzublicken, was von ihren Programmen die Parteien nach der letzten Bundestagswahl – 2005 – umgesetzt haben. Diese rückblickenden Betrachtungen werden mit den Forderungen in den neuen Programmen in Beziehung gesetzt.*

Die alte Regierungspartei SPD unter Schröder beschrieb in ihrem Wahlprogramm (in offensichtlich völliger Realitätsverkennung) ihre Sicht auf den Stand 2005: „Nichteheliche Kinder und gleichgeschlechtliche Partnerschaften haben heute weitgehend gleiche Rechte und Pflichten wie eheliche Kinder bzw. Ehepaare.“ Gefordert wurden ausschließlich ein Antidiskriminierungsgesetz und die Einrichtung einer Gleichstellungsbeauftragten. Daran hat sich auch 2009 wenig geändert. Im neuen Programm wird nebulös angekündigt, Respekt zu fördern und Vorurteile gegenüber Homosexuellen, Bisexuellen und Transgendern abbauen zu wollen. Außerdem sollen eingetragene gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften (Eingetragene Lebenspartnerschaften, ELP) mit der Ehe gleichgestellt und bestehende Benachteiligungen abgebaut werden.
Die CDU unter Merkel befand das Thema für so unwichtig, das es 2005 nicht einmal mit einer Silbe zu erwähnen wert war. 2009 sind sie noch konsequenter und bekräftigen ihre Ablehnung der Gleichstellung lesBiSchwuler Lebensgemeinschaften (und auch anderer nichteheliche Lebensentwürfe) mit der Ehe: „Wir respektieren die Entscheidungen von Menschen, in vielfältigen Formen des Zusammenlebens ihren Lebensentwurf zu verwirklichen. Dies gilt für die Ehe und für nichteheliche Lebensgemeinschaften von Frauen und Männern ebenso wie für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Eine vollständige rechtliche Gleichstellung solcher Lebensgemeinschaften mit der Ehe lehnen CDU und CSU ab.“ Weiterlesen

Europa – eine gute Wahl. Die Wahlprogramme der Parteien zur Europawahl.

(von Heinz-Jürgen Voß, vorab aus „Rosige Zeiten“, Juni/Juli 2009)
Der Europäischen Union sind in den letzten Jahren zahlreiche Verbesserungen zu verdanken, von denen auch Lesben, Schwule, Transgender und Intersexuelle profitieren. Zu erwähnen ist insbesondere das Antidiskriminierungsgesetz, dass einen rechtlichen Rahmen bietet, um sich gegen Diskriminierungen im Beruf und von Seiten von Behörden zur Wehr setzen zu können. Auch Empfehlungen der Europäischen Kommission gegen die Abschiebung von Menschen, die in Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Asyl suchen und in ihren Herkunftsländern mit erheblichen Strafen oder dem Tode bedroht werden, bspw. auf Grund ihrer Homosexualität, gehen weit über einige Regelungen hinaus, die noch in einigen Mitgliedsländern der EU gelten. Eine unrühmliche Rolle für die Abschiebepolitik auch von verfolgten Flüchtlingen und gegen die Aufnahme von Flüchtlingen bspw. aus dem Irak hat immer wieder in der Bundesrepublik Deutschland das Bundesland Niedersachsen gespielt. Hier wäre einiges Positives zu erwarten, wenn die Europäische Union, die Europäische Kommission, aber insbesondere das Europäische Parlament mehr Rechte erhielte. Weiterlesen

Willkommen im 21.Jahrhundert – Auch christliche Kirchen dürfen nicht mehr unbegrenzt diskriminieren.

(von Ralf Buchterkirchen, aus Rosige Zeiten)

 

Yesim Fadia ist Muslima. Sie hat sich auf eine ausgeschriebene Stelle als Integrationslotsin auf ein vor der EU gefördertes Projekt beworben. Fachlich war gegen sie nichts einzuwenden. Sie sollte dort insbesondere muslimischen MigrantInnen bei der Arbeitssuche helfen. Der Arbeitgeber hatte nur ein „kleines“ Problem und den falschen Namen. Bei der Arbeitgeberin handelt es sich um das Diakonische Werk. Mit 420.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine der größeren Arbeitgeberinnen in der Bundesrepublik und – und genau das war das Problem – die Diakonie gehört der Evangelischen Kirche. Schwerpunkt der Arbeit der Diakonie ist, ebenso wie bei der katholischen Caritas, die Pflege von Menschen, sei es in Altersheimen, Krankenhäusern oder Kindergärten. Aufgabe dieser Vereine ist nicht die Sicherstellung der Religionsausübung. Die nach eigenen Aussagen „nicht praktizierende Muslima“ wurde gefragt, ob sie Christin werden wolle, was sie ablehnte (Warum sollte sie auch?). Sie war jedoch bereit einen Vertrag zu unterschreiben und Kirchensteuer zu zahlen. Das hat der Diakonie jedoch nicht gereicht und sie wurde abgelehnt. Dagegen klagte Yesim Fadia vor dem Arbeitsgericht und bekam Recht (und eine Abfindung von 3900 EUR). Weiterlesen

Eine queere EU gestalten – Vorurteile und Diskriminierung abbauen. Forderungen der BAG queer der PDS

In den vergangenen Jahren hat sich einiges in der Europäischen Union getan. Erstmals wurden mit dem Amsterdamer Vertrag 1997 ein Diskriminierungsverbot als Ziel europäischer Politik festgeschrieben. In Artikel 13 heißt es: „ Unbeschadet sonstiger Bestimmungen kann der Rat […] einstimmig geeignet Vorkehrungen treffen, um Diskriminierungen aus Gründen[…] der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.“. Mit der Grundrechtscharta der EU wurde im Jahre 2000 dieser Weg weiter beschritten. Artikel 21 verbietet erstmals explizit die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung.
Eine konkrete Umsetzung gab es mit der EU-Richtlinie „Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (Richtlinie 2000/78/EG)“, die zwingend in nationales Recht aller Mitgliedsländer umgesetzt werden muss. Das Verbot von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung ist auch Bestandteil des Entwurfes der EU-Verfassung. Die Europäische Union erweist sich damit als Vorreiter, die mit ihren Beschlüssen zumeist über das hinausgeht, was in den meisten europäischen Staaten Grundlage der Rechtssprechung ist.
Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch hier noch erheblichen Handlungsbedarf gibt und neue Benachteiligungen, beispielsweise durch eine rigide Abschottungspolitik, nach außen produziert werden.
In vielen Ländern der EU und denen die im Mai 2004 neu aufgenommen werden sollen, existieren immer noch deutliche Defizite bei der Gleichbehandlung von Menschen aller Identitäten oder sexuellen Orientierungen. Weiterlesen

Diskriminierung und ein Antidiskriminierungsgesetz

Um zukünftig Benachteiligung zu verringern, hat die EU im Jahr 2000 die Richtlinie 2000/78/EWG erlassen, die bis Ende 2003 in nationales Recht umgesetzt werden muss. Sie verbietet jede Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf und soll sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich gelten, d.h. Vereine genau so betreffen, wie private ArbeitgeberInnen, Gewerkschaften oder den öffentlichen Dienst.
Bereits in der letzten Legislatur wollte die rot-grüne Bundesregierung auch in der Bundesrepublik ein Antidiskriminierungsgesetz umsetzen; dafür blieb am Ende wohl doch keine Zeit… In diesem Jahr wird es nun einen neuen Entwurf geben, um Vertragsstrafen durch die EU noch rechtzeitig zu entgehen. Es geht also nicht mehr um das „ob“, sondern vielmehr um das „wie“.
Es geht nun also vorerst darum, beide EU-Richtlinien in nationales Recht umzusetzen und, wie 2002 von rotgrün noch vorgesehen, weitergehendere Regelungen Gesetzeskraft zu verleihen. Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Gesetze allein die Lebenswirklichkeit nicht verändern. Sie geben einen Rahmen, in dem Gleichberechtigung von Menschen und Initiativen gegen Diskriminierung ihren Platz finden können.