Parlamentsnotizen III

(von Ralf Buchterkirchen, veröffentlicht in: „Rosige Zeiten“ (Oldenburg, www.rosige-zeiten.net), Nr. 128, Juni/Juli 2010)


Unregelmäßig wird an dieser Stelle über parlamentarische Aktivitäten in Landesparlamenten, im Bundestag und im Europäischen Parlament berichtet. Quellen dafür sind entsprechende Veröffentlichungen bspw. von Fraktionen in den Parlamenten, Drucksachen sowie die jeweiligen Parlamentsdatenbanken. Diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wenn etwas fehlt, dann einfach eine E-Mail an mich (ralf@verqueert.de), ich versuche es dann nachzureichen. Neben parlamentarischen Informationen soll an dieser Stelle auch über Gerichtsentscheidungen informiert werden. Sofern nicht anders beschrieben liegen alle benannten Aktivitäten im Zeitraum Januar bis Mai 2010.

Nachdem der Antrag zur Änderung von Artikel 3 des Grundgesetzes (Aufnahme der sexuellen Identität, siehe RoZ  Nr. 125/126) im Bundesrat abgelehnt wurde, hat neben Bündnis 90/Grüne und SPD im Januar 2010 auch die Linkspartei einen Antrag zur Grundgesetzänderung in den Bundestag eingebracht. Am 29.01. wurden alle 3 Anträge im Bundestag erstmalig diskutiert. Die Regierungsparteien CDU und FDP sehen keinen Handlungsbedarf, die Opposition verteidigte ihre Anträge. Am 21.04. fand im Rechtsausschuss eine Expert_innen-Anhörung statt. Der von der FDP benannte Gutachter Prof. Dr. Bernd Grzeszick, Universität Heidelberg, warnte den Bundestag ausdrücklich, gegenüber Homosexuellen auf einen „Spielraum“ für „Differenzierung“ zu verzichten. Anders ausgedrückt: Der Staat soll sich ein Recht auf Diskriminierung reservieren, also keine entsprechende Klausel ins Grundgesetz aufnehmen (Quelle zum Zitat: Fraktion B90/Die Grünen).
Bündnis 90/ Grüne haben in einer Kleinen Anfrage zur Menschenrechtslage in Honduras die Bundesregierung zur Situation von Lesben und Schwulen befragt. In der Antwort der Bundesregierung steht kurz gefasst, sie wisse von nichts. Die Abgeordnete Rawert (SPD) fragte zum Ausschluss schwuler Männer von der Blutspende. Die Bundesregierung sieht darin kein Problem, weder aus fachlicher noch aus diskriminierungsseitiger Sicht. Eine Argumentation findet sich in RoZ 88 (aus dem Jahr 2003; online: http://oldenburg.gay-web.de/roz/html/archiv88.html). Die Abgeordnete Werner (Die Linke) befragte die Bundesregierung zur Situation von sexuellen Minderheiten in Indonesien. Die Antwort: „verbesserungswürdig“. Im April reichte die Fraktion Die Linke eine Kleine Anfrage zur Aufnahme homosexueller Flüchtlinge aus dem Iran ein. Eine Antwort steht noch aus.
B90/Grüne haben im März einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, welcher die Gleichstellung Beamter in eingetragener Lebenspartnerschaft mit denen in der Ehe vorsieht. Eine Behandlung und Entscheidung dazu steht noch aus. Im April wurde zudem beantragt, die Adoption auch für Paare in Eingetragener Lebenspartnerschaft zu ermöglichen.
Am 22.04. gab es eine Debatte zur Antidiskriminierungspolitik der Europäischen Union. Allerdings wurden die Reden – offensichtlich der Wichtigkeit des Themas angemessen – nicht gehalten, sondern nur protokollarisch hinterlegt.

Die Regierung in Sachsen-Anhalt brachte in ihren Landtag einen Gesetzentwurf zur Neufassung des Besoldungsrechtes der Landesbeamten ein. Darin werden die Regelungen für verlebenspartnerte Beamte mit denen für Verheiratete gleichgestellt.
In Thüringen hat die Linksfraktion die Landesregierung in einem Antrag aufgefordert, Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung zu beenden und dafür einen konkreten Maßnahmeplan zu erarbeiten und einen „Gesetzescheck“ durchzuführen. Der Antrag ist noch in der Beratung.
In Hessen hat der Landtag am 25.03.2010 ein Gesetz zur Gleichstellung von Lebenspartnerschaften (Antrag von CDU und FDP) im Beamtenrecht angenommen. Gleichzeitig wurden die Anträge von B90/Grüne und SPD abgelehnt.
In Schleswig-Holstein wurde ein „Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften“ von der schwarz/gelben Landesregierung eingebracht und wird wohl Mitte Mai im Landtag beschlossen werden. Die Landesregierung zieht damit mit den meisten anderen Bundesländern gleich, die mit ähnlich gelagerten Gesetzen zur Gleichstellung verlebenspartnerter Beamter bereits Vollzug gemeldet haben. Eine rückwirkende Gleichstellung wird von der Landesregierung explizit abgelehnt.
In Baden-Würtemberg gab es eine Kleine Anfrage von B90/Grüne, in denen nach den Plänen der Landesregierung zur Gleichstellung im Beamtenrecht gefragt wurde. Die Landesregierung machte in ihrer Antwort deutlich, dass sie diese Frage im Rahmen einer Reform des Dienstrechtes thematisieren wolle, aber im Gegensatz zur Auslegung entsprechender Gesetzesurteile von Bundesgerichten durch andere Bundesländer, keinen Handlungsbedarf sieht. Das Land dürfte damit seinen Status als rückständigstes Bundesland weiter festigen.

 

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