(von Ralf Buchterkirchen, „Rosige Zeiten“, Nr. 126 (Februar/März 2010))
Unregelmäßig wird an dieser Stelle über parlamentarische Aktivitäten in Landesparlamenten, im Bundestag und im Europäischen Parlament berichtet. Quellen dafür sind entsprechende Veröffentlichungen bspw. von Fraktionen in den Parlamenten, Drucksachen sowie die jeweiligen Parlamentsdatenbanken. Diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wenn etwas fehlt, dann einfach eine E-Mail an mich (ralf@verqueert.de), ich versuche es dann nachzureichen. Neben parlamentarischen Informationen soll an dieser Stelle auch über Gerichtsentscheidungen informiert werden. Sofern nicht anders beschrieben liegen alle benannten Aktivitäten im Zeitraum November 2009 bis Januar 2010.
Unsere neue Familienministerin Köhler, die auch schon mal bei einem CSD im LSU-Wagen (LSU: Lesben und Schwule in der Union) mitgefahren ist, sieht keinen Grund, gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit heterosexuellen gleichzustellen. Das machte sie in einem Interview mit der Zeitung „Die Welt“ deutlich.
Bündnis 90/Die Grünen und auch die Linksfraktion haben im Bundestag eigene Änderungsanträge zum „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ eingebracht, mit denen auch die Rechte von Lesben und Schwulen beim Erbrecht berücksichtigt werden sollen. Entgegen ihrem eigenen Wahlprogramm (siehe RoZ Nr. 124) hat die FDP (gemeinsam mit ihrer Koalitionspartnerin CDU/CSU) dagegen gestimmt und damit dafür gesorgt, dass der Antrag abgelehnt wurde.
Der von Hamburg, Berlin und Bremen, unterstützt von Brandenburg, im Bundesrat eingebrachte Antrag zur Änderung von Artikel 3 des Grundgesetztes (Aufnahme der sexuellen Identität, siehe RoZ Nr. 125) wurde mittlerweile abgelehnt. Zusätzlich zu den Antragstellern stimmten nur das Saarland, Thüringen und Rheinland-Pfalz für den Antrag. Damit wollte oder konnte sich die FDP in keinem Bundesland außer dem Saarland (wo sie gemeinsam mit CDU und Bündnis 90/Die Grünen regiert) für eine Änderung des Grundgesetzes begeistern. Die CDU-Regierungen stimmten nur in Hamburg (gemeinsam mit der GAL [Grün-Alternative Liste]) und Thüringen (gemeinsam mit der SPD) für das Gesetz. Offensichtlich konnten sich dort die Minderheitskoalitionärinnen durchsetzen. Sowohl Bündnis 90/Grüne als auch SPD haben nun einen entsprechenden Antrag in den Bundestag eingebracht.
Am 11.11.2009 hat die niedersächsische Landesregierung ein Gesetz zur Gleichstellung Eingetragener Lebenspartnerschaften in den Landtag eingebracht. Sie reagierte damit auf einen Beschluss des Jahres 2007 (Vgl. RoZ Nr. 125) und die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes. Etwa gleichzeitig hat es auch die hessische Landesregierung nun endlich geschafft ein entsprechendes Gesetz vorzulegen. Auf die weiteren Beratungen darf gespannt gewartet werden.
Der Hamburger Innenausschuss hat beschlossen verpartnerte Beamt_innen rückwirkend zum August 2001 gleichzustellen.
Nachdem Bündnis 90/Die Grünen in Schleswig-Holstein einen Antrag zur Gleichstellung von Lebenspartnerschaften im Beamtenrecht vorlegten, hat jetzt die CDU/FDP-Koalition einen Änderungsantrag vorgelegt. In diesem wird die Landesregierung aufgefordert, ein entsprechendes Gesetz vorzulegen. Mit ihrer eigenen Mehrheit hat die Regierungskoalition diese Änderung beschlossen. Damit dürfte bis zu einer gesetzlichen Regelung weiter Zeit vergehen.
Auch beim Antrag von Bündnis 90/Die Grünen in Bayern gab es Bewegung. Hatten sie noch gefordert, die völlige Gleichstellung lesbischer und schwuler Beamter zu erreichen, so wurde dieser Antrag in den Ausschüssen umformuliert und mit dem besonderen Hinweis auf Artikel 6 GG( besonderer Schutz von Ehe und Familie) ergänzt. Nachdem der Landtag diesen Antrag beschlossen hat, ist nun die Landesregierung gefordert, den Antrag umzusetzen. Innenminister Fahrenschon hat angkündigt, die Gleichstellung bereits 2010 umzusetzen. Damit dürfte Bayern eines der ersten Bundesländer mit entsprechender Gesetzgebung werden; als erstes Land hatte Berlin 2008 die komplette Gleichstellung beschlossen.
Eingebracht haben die bayrischen Bündnis 90/Die Grünen nun einen Antrag, der die Gleichstellung in berufsständigen Versorgungswerken (also Betriebsrenten) auch rückwirkend ermöglichen soll.
In Baden-Württemberg hat die SPD einen Antrag zur Gleichstellung verpartnerter Beamter gestellt. Im Finanzausschuss wurde ein Änderungsantrag der FDP/CDU angenommen, der festlegt, das im Rahmen einer Dienstrechtsreform geprüft werden solle, inwieweit Anpassungen notwendig sind. Für Vorabkorrekturen sehen die Koalitionärinnen keinen Anlass.
Das Europäische Parlament hat im Rahmen einer Stellungnahme zum sogenannten Stockholm-Programm, welches die Prioritäten der EU im Bereich Justiz und Inneres für die nächsten fünf Jahre festlegt, beschlossen: „Das Parlament ruft die Mitgliedstaaten auf, die ‘Freizügigkeit aller EU-Bürger und ihrer Familien, einschließlich sowohl eingetragener Partnerschaften als auch Ehen zu gewährleisten, und dabei jede Art von jedweder Diskriminierung, einschließlich auf Grund der sexuellen Ausrichtung, zu vermeiden.‘“ Würde dies verpflichtend, käme noch einige Arbeit auf die Bundesregierung zu, war es doch bislang unmöglich in der BRD eine bspw. In Spanien geschlossene gleichgeschlechtliche Ehe anzuerkennen.
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