(Zuerst erschienen in den „Rosigen Zeiten“, Nr. 160, November/Dezember 2015.)
„Akim rennt“
Das sehr gute Buch „Akim rennt“ wurde kürzlich mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2015 ausgezeichnet. Es ist ein wichtiges Buch, das jedes Kind gelesen haben sollte. Wichtig ist, dass jeweils ein Elter es sich zuerst anschaut und es dann gemeinsam mit dem Kind liest, weil das im Buch beschriebene Leid und die Fluchtgeschichte des kleinen Akim Kinder schon traurig machen können. Aber das Buch ermöglicht es Kindern auch, zu verstehen, worum es gerade geht: Akim braucht ein sicheres Zuhause. Das Buch beugt auch teilweise vorhandenen Vorbehalten gerade unter Erwachsenen vor. Wer jetzt denkt: „Kann ich ein solches Buch, wo es um Krieg und um Flucht geht, eigentlich meinem Kind zeigen?“ – dann ist es auch wichtig zu bedenken: Die Menschen, die gerade fliehen, haben genau das erlebt. Sie fliehen vor Bomben, sie fliehen vor Hinrichtungen, sie fliehen vor vergewaltigenden Soldaten.
„In Akims Dorf scheint der Krieg weit weg. Irgendwann erreicht er das Dorf am Fluss doch: Akim wird von seiner Familie getrennt, ihr Haus zerstört. Eine unbekannte Frau nimmt sich des Jungen an. Dann aber kommen Soldaten und machen ihn zu ihrem Gefangenen. Irgendwann kann Akim fliehen: er rennt und rennt. Im Gebirge stößt er auf andere Flüchtlinge. Gemeinsam gelingt es ihnen schließlich, den Grenzfluss zu überqueren und ein Flüchtlingslager auf der anderen Seite zu erreichen. Und dort passiert ein großes Wunder: Er findet seine Mutter.“
Geflüchtete in Deutschland in Bezug auf Sexuelles
Die aktuellen Debatten um die Unterbringung und Versorgung Geflüchteter in Deutschland bleiben weit hinter den Erfordernissen zurück. Denke ich etwa an die Forschungen, die ich gerade in der Merseburger Sexualwissenschaft betreibe, so geht es etwa in Bezug auf Grenzverletzungen und sexualisierte Gewalt um klare institutionelle Bedingungen, die Kinder und Jugendliche einerseits vor sexualisierter Gewalt schützen, sie andererseits aber auch durch eigenes (Körper-)Lernen zu Selbstbestimmung befähigen. Im Umgang mit Geflüchteten, selbst wenn es sich um unbegleitete minderjährige Geflüchtete handelt, werden all diese entwickelten Maßstäbe nicht umgesetzt. Fast ausschließlich gilt der Slogan, dass Geflüchtete erst einmal einigermaßen untergebracht und mit Lebens- und Hygieneartikeln versorgt sein sollten. Der Schutz vor Grenzverletzungen und sexualisierter Gewalt ist nicht Thema. Auch fehlt es an einer wirksamen Traumabehandlung, obwohl Studien davon ausgehen, dass mindestens 40 bis 50% der Geflüchteten psychotherapeutischer Hilfe bedürften. Hier gilt es rasch gute Angebote auf den Weg zu bringen – und gerade auch Geflüchtete mit entsprechendem Studium oder Ausbildung zügig und ihrer Qualifikation entsprechend gut entlohnt in den medizinischen Betrieb einzubinden. Weiterlesen