„Blutspender sind Helden“ – es sei denn sie sind schwul

(übernommen von www.verqueert.de; vielen Dank für das Einverständnis!)

Heute ist Weltblutspendetag. Eine Kampagne “Blutspender sind Helden” soll das müde Spendenbewusstsein ankurbeln. Nur 3% der im blutspendefähigen Alter seienden spenden, so die Klage der Krankenhäuser und Pharmafirmen. Selber schuld. Ein teil der Bevölkerung wird nicht erreicht, nämlich diejenigen, die sich als schwul definieren, bzw. Männer, die irgendwann einmal Sex mit Männern hatten. Unter Generalverdacht gestellt dürfen sie in der Bundesrepublik zeitlebens kein Blut spenden. Das ist nicht nur unsinnig, sondern in höchstem Maße diskriminierend. Bei einem diagnostischem Fenster vom 9-11 Tagen für die Erkennung von HIV-positivem Blut gibt es keine wissenschaftlich nachvollziehbare Begründung für dieses Vorgehen. Im Gegensatz zu anderen Ländern wird nicht das Sexualverhalten, also das tatsächlich bestehende Risiko – unabhängig von der sexuellen orientierung, sondern eben diese zum Maßstab herangezogen. Länder wie Spanien und Italien haben das erkannt und betreiben schon seit Jahren keine solcherart diskriminierende Politik mehr. Hier ist kein Paradigmenwechsel in Sicht. Es darf munter weiter diskriminiert werden.

Längere Artikel mit der Auseinandersetzung zu den Hintergründen aus dem Jahre 2011 und 2003 gibt es hier.

(Eigene kleine Anmerkung, die auch Ralf von verqueert.de sicherlich so sieht: „Helden“ sind scheiße, gerade weil damit oft Militärisches gedacht wurde und weil es einer der ganz krass patriarchalisch geprägten Begriffe ist. Daher ist auch der Titel der Kampagne zu kritisieren und würde es auch nicht emanzipatorischer, von „Held_innen“ zu sprechen.)

6 Kommentare

  1. Antiphon sagt:

    Ich bin einer der stolzen „Helden“, und da ich mich ein bisschen informiert habe, muss ich folgerichtig diesem Kommentar scharf widersprechen.

    Fakt ist, Maßstab ist das VERHALTEN. Ein Mann Sex mit einem Mann hatte, darf kein Blut spenden. Ein Mann der keinen Sex mit einem Mann hatte, darf Blut spenden. Oder:
    -„Hetero“ der am Hauptbahnhof Stricher aufgabelt also nicht.
    -„Schwuler“, der noch nie sexuellen Kontakt hatte, darf also.

    Schwer ist das nicht zu verstehen wenn man nur will.
    AUCH FRAUEN haben zumindest eine 4-monatige Rückstellfrist nach Sex mit einem Bisexuellem (es gilt nach wie vor nur Verhalten…), weil sie in diesem Moment auch Anschluss an das MSM-Netzwerk hat.

    Wie man sieht, zählt Orientierung überhaupt nicht, sondern das Verhalten.
    -Auch wenn Schwule es nicht gern hören, „geschützter“ schwuler Sex ist aufgrund der Netzwerkdynamik immer noch riskanter als ungeschützter heteroverkehr, zumindest für die ganz gefährlichen STI.
    -Alle TATSÄCHLICH STATTGEFUNDENEN HIV-Übertragungen durch Blutspende seit 2000 waren möglich, weil die Blutspender GELOGEN haben.
    -Die letzten beiden Fälle (2007,2010) waren MSM, die aufgrund ihrer Partnerschaft „natürlich kein HIV-Risiko“ hatten, und genauso WIE DU die Regel als „pöhse Diskriminierung“ sahen. Die Patienten, die sich davon infizierten, wissen es nun besser.
    -Diejenigen Blutspender, die wegen HIV rückgestellt werden, sind zum überwiegenden Teil männlich, 18-49. Wohl schwul, denn sonst müssten sich ein paar Frauen dazu gesellen.
    -Wenn man mindestens 2/3 aller HIV-Neuinfektionen (offizielle MSM-Zahlen bei der Infektionsquelle sind aufgrund von „Schrankschwestern“ als Minimum aufzufassen) mit einem Ausschluss von nur 3-5% der Bevölkerung ganz aus dem Pool nehmen kann, ist dies ein „guter Deal“.

    -Annäherend gleichwertig sind 12-Monats-Regelungen wie in Australien und UK. Das tatsächliche Risiko einer HIV-Übertragung wird in der Praxis nämlich im Wesentlichen dadurch gesenkt, dass man es schafft, mehr Schwule (wiederum, VERHALTEN nicht ORIENTIERUNG!) vom Spenden abzuhalten.
    -Deutschland hätte seit 2004 keine HIV-Übertragung durch Blutprodukte, wenn Schwule nicht spenden gegangen wären. HÄTTE….
    -9-10 Tage DURCHSCHNITT haben in 6 Fällen seit der PCR EBEN NICHT gereicht. Im Detail lag dies wohl an den falschen Primern, aber auch bei optimalen Testverhalten (man könnte in diesem Segment locker 288 mal mehr Testausgaben machen) wird die Fensterphase nicht auf unter 5 Tage gedrückt. Und nicht vergessen: HIV-2 wird normal gar nicht PCR-untersucht, und Syphilis und und und….
    -Je mehr „Schwule auf nem Gerechtigkeitstrip“ sich über diese Richtlinien durch Lügen hinwegsetzen, desto mehr Transfusionszwischenfälle sind zu erwarten. Noch haben wir ca. alle 3 Jahre eine HIV-Übertragung. Das könnte bald jedes Jahr der Fall sein. Und Gerade das Veröffentlichen solcher Kommentare dürfte dazu beitragen…

  2. macudo sagt:

    Hallo Antiphon,

    deine Aussagen sind nicht korrekt – ich möchte auf zwei deiner Punkte kurz eingehen:

    1) Selbstverständlich ist es nicht „safer“ unsafen Hetero-Sex zu haben als safen schwulen Sex. Unsafer Sex stellt stets ein Risiko dar, hingegen ist bei Safer-Sex auch bei HIV-Infektion das Ansteckungsrisiko nahe 0 – und das gilt für Heteros und für Homos.

    2) Es zeigt sich auch aus internationalen Studien, dass es mit Zulassung von Schwulen zur Blutspende – wie in Itlaien – keineswegs zu einer Erhöhung der Infektionsgefahr kommt. Hierzu hat Anja Preuss eine umfassende Arbeit angefertigt – und den bundesdeutschen und internationalen Forschungsstand ausgewertet. Die Ergebnisse finden sich ausführlich hier: http://www.schwulesblut.de/ und hier findet sich ihre ausführliche Ausarbeitung: http://www.schwulesblut.de/index.php/hintergrund/magisterarbeit/ .

    3) Im übrigen: Wenn du von Sex den Männern mit Männern haben sprichst, dann ist von einer größeren Zahl als 3-5% auszugehen. Die 3-5% bezeihen sich auf diejenigen Männer, die ausschließlich (!) Sex mit Männern haben.

    Wissenschaftliche Ergebnisse sprechen gegen eine Orientierung daran, ob ein Mensch gleichgeschlechtlichen oder andersgeschlechtlichen Sex hat. Wenn überhaupt, so könnte Risikoverhalten – also unsafer Sex – eine Rolle spielen. Da aber Tests der Blutproben vorgeschrieben sind, sollten diese gründlich vorgenommen werden, um auch die aktuell noch auftretenden Ansteckungen mit HIV durch Bluttransfusion auszuschließen. Mittlerweile sind die Methoden dafür da und auch in Größenordnung einsetzbar: Nachweis direkt der Viren und nicht erst der Antikörper, die erst später nachgewiesen werden können. Also bitte: Weder Homoss (hier explizit Schwule) noch Heteros diskriminieren.!

  3. Antiphon sagt:

    Meine Aussagen sind nach wie vor korrekt:

    1) Die Schutzwirkung des Kondoms wird stark überschätzt, sie liegt je nach Interpretation bei 80-95%. Zu den HIV-Infektionen trotz „Safer Sex“ sind die entsprechenden Kapitel bei Bochow sehr aufschlussreich. (http://www.aidshilfe.de/sites/default/files/DAH_Bochowstudie.pdf)
    Hier noch eine amerikanische Studie, die zeigt wie stark noch die Rate der Neuinfektionen bei denjenigen ist, die angeben, im letzten halben Jahr Analverkehr nur mit Kondom gehabt zu haben. Umgekehrt sieht man auch, dass die Ansteckungsrate bei Oralverkehr (inkl. Schlucken) extrem niedrig bis nicht-existent ist. Wenn man eine Trennlinie beim „für die Spende erlaubten“ Schwulen Sex ziehen will, dann sicherlich nicht „Safer Sex-Bare“, sondern „Anal-Kein Anal“. Andere (prospektive!!!) Studien zeigen Ähnliches.
    http://www.hawaii.edu/hivandaids/Risk%20of%20HIV%20Infection%20Attributable%20to%20Oral%20Sex%20Among%20MSM%20and%20In%20The%20MSM%20Population.pdf

    2)Die Magisterarbeit aus dem Jahre 2003 steht leider da, wo das gegenwärtige Zeitalter des Virusdirektnachweises (nur für HIV-1) erst angefangen hat. Über die Entwicklung in Italien habe ich leider keinen Überblick, allerdings fällt sowohl in Deutschland als auch beim letzten amerikanischen Transfusionsfall auf, dass es MSM waren (sie haben wenigstens „gestanden“). Hier ist also die dringendste Baustelle der letzten Jahre.

    3)Meine Zahl bezog sich auf die Gesamtbevölkerung (Männer UND Frauen und alle Zwischenformen). Also nicht 3-5% aller Männer, sondern aller potentiellen Blutspender.

    Und ich wiederhole: Es wird RisikoVERHALTEN („Hatten sie als Mann Sex….“) wobei die Richtlinie, da muss ich Recht geben, wirklich pauschal von Homo- und Bisexuellen spricht abgefragt. Es gibt ferner beim Blutspenden (auch bei homosexuellen Frauen, diejenige Gruppe mit dem „saubersten“ Blut) mit noch so vielen Test keine Garantie, auch nicht wenn man „nur HIV“ betrachtet. Deshalb macht es immer Sinn, zu gucken, ob man einen großen Teil des „Gefahrenpools“ mit möglichst geringem Spenderausschluss streichen kann.

  4. macudo sagt:

    Hallo. Meine Argumente hast du eben dennoch nicht entkräftet. Es zeigt sich in den letzten Jahren, dass gerade auch bei Heteros Ansteckungen zunehmen und in größerem Maße auch Frauen betroffen sind. Insofern muss es GRUNDSÄTZLICH darum gehen, dass mit einer Testung aller (!) Proben (das geschieht im übrigen!) eine ausreichende Sicherheit hergestellt wird. Dass kann in einer sehr sehr guten Genauigkeit bereits geschehen, gerade wenn flächendeckend der Nachweis der Viren eingesetzt wird (der auch mittlerweile kostengünstig technisch möglich ist) und nicht auf den Nachweis der gebildeten Antikörper gesetzt wird.

    Deine Unterstellungen sind zudem äußerst homophob – nicht in einem solch offenen Maße, dass du Schwule direkt beschimpft, sondern auf einer solchen Ebene, dass du sie für eine besondere Verbreitung sexuell übertragbarer Krankheiten verantwortlich machst. Das machst du sogar bzgl. Syphilis. Sexuell übertragbare Erkrankungen werden eben bei Sex übertragen – bei Hertero- und Homosex. Und dabei ist das Risiko erhöht, wenn man häufig die Sexualpartner_innen wechselt. Das bedeutet, aber nicht, dass mensch deshalb auf Sex verzichten sollte – das wäre wohl eine sehr hässliche Vorstellung -, sondern dass mensch sich über sexuell übertragbare Erkrankungen informieren sollte – und die Möglichkeiten, sich vor diesen zu schützen. Und auch hier ist deine Angabe falsch – Kondome schützen sehr gut. Dass eines beim Sex mal kapputt gehen kann, kann in etwa 0,1% bis 1% der Fälle vorkommen. Aber selbst dann bekommt mensch nicht gleich eine Erkrankung. Daher: Bitte einfach bei einer Aids-Hilfe genau informieren!

  5. Antiphon sagt:

    Anmerkung Admin: Beitrag wegen offener Homophobie gelöscht.

  6. Antiphon sagt:

    Looooooooooooooooooooooooooooooool, das ist wohl Diskussionskultur nach „antikapitalistischer Art“: Wenn man keine sachlichen Argumente mehr hat, schön Beiträge löschen und die „Homophobie“-Keule schwingen (kannst du überhaupt ομοφοβια richtig übersetzen??). Ich lach in mich hinein und gebe es auf….

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