Tag Archiv für migration

BUCHEMPFEHLUNG: „Wer Macht Demo_kratie?“

Der folgende Band sei sehr empfohlen – ich hatte bereits Gelegenheit gründlicher hineinzusehen. Darin findet sich unter anderem der exzellente Beitrag „Pink Washing Germany? Der deutsche Homonationalismus und die «jüdische Karte»“ (von Koray Yılmaz-Günay und Salih Alexander Wolter)!

Duygu Gürsel, Zülfukar Çetin & Allmende e.V. (Hg.)
Wer Macht Demo_kratie? Kritische Beiträge zu Migration und Machtverhältnissen
256 Seiten, 16.80 Euro
ISBN 978-3-942885-34-8
Link: http://www.edition-assemblage.de/wer-macht-demo_kratie/

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Klappentext:
Wer MACHT Demo_kratie? lautet die zentrale Frage des Sammelbandes.
Die Autor_innen setzen sich in ihren Beiträgen u.a. mit Migrations- und Flüchtlingspolitiken, Demokratie, Kapitalismus, Rassismus, Homonationalismus, Kolonialismus, Feminismus, sozialen Kämpfen und migrationsbezogener Sozialer Arbeit auseinander.
Sozialwissenschaftler_innen, Aktivist_innen und andere politischen Akteur_innen kommen hier zu Wort und bringen Alternativen für politisch-wissenschaftliche Auseinandersetzungen zum Ausdruck.
Das Buch ist ein Versuch, kritische Gesellschaftstheorie und Praxis vereinbar zu machen, und möchte weitere Projekte dieser Art anregen.

Die Herausgeber_innen:
Duygu Gürsel: Doktorandin an der HU-Berlin. Promoviert zum Thema Prekarisierung, Migration und Affekte und aktiv bei Allmende e.V.

Zülfukar Çetin: Antidiskriminierungsberater bei der Opferperspektive e.V. in Potsdam, arbeitet zu kritischer Migrations- und Queer Theorie und engagiert sich bei Allmende e.V. und Türkischem Bund Berlin Brandenburg.

Ebenfalls empfehlenswert:
Buch „Homophobie und Islamophobie“
Buch „Karriere eines konstruierten Gegensatzes: zehn Jahre ‚Muslime versus Schwule'“
Buch „Ali und Ramazan“

Das Erleben homophober und rassistischer Diskriminierungen in schwulen binationalen Partnerschaften – Rezension von Zülfukar Çetins Buch „Homophobie und Islamophobie – Intersektionale Diskriminierungen am Beispiel binationaler schwuler Paare in Berlin“

(Rezension von Heinz-Jürgen Voß, zuerst veröffentlicht auf www.kritisch-lesen.de, hier.)
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Zülfukar Çetins Dissertation stellt eine vorzügliche qualitative intersektionale Untersuchung dar.

Seit wenigen Jahren hat auch in der Bundesrepublik Deutschland das Nachdenken über die Verschränkungen von Diskriminierungen nachhaltig begonnen. Es wird klar, dass Rassismus und Homophobie, dass die Ablehnung von Menschen mit Behinderungen und von Prekarisierten viel miteinander gemein haben; dass zudem Diskriminierungserfahrungen nicht abgelöst und getrennt betrachtet werden können, sondern dass Diskriminierungen in der je individuellen Situation und für den ganz konkreten Menschen spezifisch wirken. Und es wird zunehmend erkannt, dass die Diskriminierungen einzelner Menschen grundlegend mit den gesellschaftlichen Verhältnissen in der BRD verwoben sind.

Die Studie „Homophobie und Islamophobie: Intersektionale Diskriminierungen am Beispiel binationaler Paare in Berlin“ ermöglicht hier nun einen guten Einstieg in die entsprechenden Forschungen und bietet den mit intersektionalen Forschungen Vertrauten weiteres, gut ausgearbeitetes und reflektiertes Material an. Zülfukar Çetin hat für seine kürzlich beim Transcript-Verlag erschienene Untersuchung Interviews mit schwulen Männern geführt, die in Berlin in einer binationalen Eingetragenen Lebenspartnerschaft leben. Çetin interessierten die Erfahrungen mit Diskriminierungen vor dem Hintergrund der Binationalität. Der detaillierten Vorstellung der Interviews und ihrer Auswertung geht eine ausführliche Einordnung in den Forschungskontext voraus, die bereits für sich allein einen besonderen Wert darstellt. Darin wird der derzeit erarbeitete Wissensstand präzise festgehalten und für ein konkretes Forschungsvorhaben fortentwickelt. Weiterlesen

1 Jahr Verschärfung der „Zwangsehe“ für binationale Paare in der Bundesrepublik Deutschland

Da vor einem Jahr die Regelungen für (hetero- und homosexuelle) binationale Paare erheblich verschärft wurden, soll an dieser Stelle direkt darauf hingewiesen werden – mit Hinweis auf einen vor einem Jahr an dieser Stelle veröffentlichten Beitrag:

„Mit Wirkung zum 1. Juli 2011 wurde der § 31 AufenthG (Eigenständiges Aufenthaltsrecht der Ehegatten) geändert und die Hürden hier weiter ausgebaut. Perfider Weise unter dem Titel „Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat…“ wurde die nötige Sperrfrist von zwei auf drei Jahre erhöht und wird dann zunächst nur ein eigenständiger Aufenthalt über ein Jahr erteilt. So werden selbst Menschen die in einer Ehe oder einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft Gewalt erleiden, durch die deutsche Regierung dazu gezwungen, länger in einer solchen Zwangsbeziehung zu leben. Entgegen dem Gesetzestitel fördert die Bundesregierung so Zwangsehen und Zwangsverhältnisse.“

Hier geht es zum vollständigen Beitrag vom 1. Juli 2011.

Gewalt und Mehrfachdiskriminierungserfahrungen von lesbischen, bisexuellen Frauen und Trans*Menschen in Deutschland

Diskriminierung und Gewalt gegen lesbischen, bisexuellen Frauen und Trans* ist in der Bundesrepublik Deutschland nach wie vor massiv an der Tagesordnung, wie eine aktuelle Studie des Antidiskriminierungs- und Antigewaltprojektes LesMigraS zeigt. Neben den teils erschütternd hohen Zahlen über selbst erfahrene Diskriminierung und Gewalt – insbesondere auch in Bezug auf Mehrfachdiskriminierungen -, wurden auch daten zu einzelnen gesellschaftlichen Bereichen erhoben. So gaben über 70 % der Befragten an, „dass ihre Leistungen im Bildungsbereich aufgrund ihrer lesbischen/bisexuellen Lebensweise vergleichsweise schlechter bewertet wurden“, 20 % mussten respektlose Behandlungen von medizinischem Personal erleben.

Eine Übersicht über die ersten Ergebnisse findet sich hier: LesMigraS_Zusammenfassung

Die kompletten Ergebnisse, die auch um eine qualitative Unfrage ergänzt sind, ist für September 2012 angekündigt.

Und hier gehts zur Homepage von LesMigraS.

Ansätze für eine lesbische und schwule Aufklärungsarbeit ohne weiße und männliche Dominanz

Noch vor der Schließung des lesbisch-bi-schwulen Infoladens Knackpunkt durch die Stadt Hannover hatte dieser ein interessantes Positionspapier in die Diskussion gebracht und an Gruppen und Vereine in Hannover verschickt. Damit es für die Diskussion nicht verloren geht, soll es hier – unverändert – zur Verfügung gestellt werden. Unter dem Titel „Aufklärungsarbeit mit Berücksichtigung des Migrationshintergrundes: Gegen rassistische, sexistische, homophobe, transphobe Ausgrenzung und Diskriminierung – Konzeptskizze“ wurde herausgestellt, dass die aktuelle Aufklärungsarbeit den aktuellen Lebensbedingungen nicht mehr gerecht wird. Unter Kindern und Jugendlichen liege der Anteil derjenigen „mit Migrationshintergrund“ bei 40%. Diese Kinder und Jugendlichen seien oftmals mit Mehrfachdiskriminierung konfrontiert – weder inhaltlich, noch personell werde diesem Sachverhalt in der Stadt Rechnung getragen.

Im Folgenden die Ausarbeitung des Infoladens (hier auch als pdf-Datei):

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Liebe Eltern, Ihr Kind ist nicht ‚weiß‘ genug. Ein Beitrag zur Elterngeld-Debatte

Autorin: Heinz-Jürgen Voß

 

Die konservative Regierung der Bundesrepublik Deutschland beginnt von Schweden zu lernen. So weit, so gut erst einmal. Eltern sollen zwölf Monate lang ein Elterngeld erhalten, dass 67 % des letzten Netto-Einkommens entspricht. Wenn beide Elternteile die Kinderbetreuung übernehmen, kommen weitere zwei Monate Elterngeld hinzu. Damit haben CDU/CSU und SPD die Tür zu einer stärkeren Verantwortung beider Elternteile für die Babybetreuung einen Spalt weit aufgestoßen. Bei der z.T. sehr konservativen Klientel, die auch im 21. Jh. noch das Prinzip ‚der Mann geht arbeiten, die Ehefrau ist seine unentgeltliche Haushälterin’ vertritt (analog gilt das natürlich auch für zahlreiche Lesben und Schwule), ist das durchaus eine bemerkenswerte Leistung. Elterngeld sollen nach dem vorgestellten Kompromis auch ALG II EmpfängerInnen in einer Höhe von 300 Euro erhalten, die nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werden sollen. Noch eine Kröte für die erzkonservative Klientel: auch Alleinzerziehende sollen das Elterngeld über einen Zeitraum von vierzehn Monaten erhalten.*

Im gleichen Atemzug hat Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen ein ‚Bündnis für Erziehung’ ins Leben gerufen, zu dem sie neben sich selbst nur die katholisch- und evangelisch-christlichen Kirchen eingeladen hat. In diesem Bündnis sollen Möglichkeiten vorschulischer Erziehung und die Vermittlung christlicher Werte diskutiert werden. Nach den Worten von von der Leyen hätten gerade die christlichen Kirchen aus ihrer Erfahrung heraus etwas zur moralischen Erziehung der Kinder beizutragen und stellten sie 72 Prozent der von freien Trägern unterhaltenen Kindertagesstätten. Andere Kirchen und andere freie Träger waren nicht geladen. Weiterlesen