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Wenn Schwule Frauen hassen: Die Debatte um den Münchner „Christina Street Day“

(Von Heinz-Jürgen Voß; zuerst erschienen in „Rosige Zeiten“, Nr.133 (Mai / Juni 2011)

Es braucht schon einiges an Durchhaltewillen, wenn man die Kommentare, die sich im Anschluss an die Münchner Ankündigung, den dortigen CSD in diesem Jahr als „Christina Street Day“ zu feiern, in Foren ertragen will.
Bereits am 26.2. berichtete Queer.de ausführlich über die in München geplante einmalige Umbenennung. Damit wollen die dortigen CSD-Veranstalter darauf aufmerksam machen, dass Lesben bislang viel zu wenig in der öffentlichen Berichterstattung über den CSD vertreten sind. Das Münchner CSD-Team will so „mit der Umbenennung in Christina Street Day Irritation, Aufmerksamkeit und Diskussion schaffen.“ (1) Und genau das haben sie auch erreicht und nicht zuletzt, den Münchner CSD, der sonst eher in der zweiten Reihe hinter den CSDs in Berlin und Köln wahrgenommen wird, in den Blickpunkt lesbischen, und noch mehr schwulen Interesses, gerückt.
Ein kurzer Rückblick: Am 28. Juni 1969, am Tag der Beisetzung von Judy Garland, versammeln sich Schwule, Lesben, Bisexuelle, Stricher, Dragqueens im „Stonewall Inn“ in der New Yorker Christopher Street 53. Sie wollen der Diva gedenken. Oft waren Razzien der brutalen Polizei an der Tagesordnung gewesen – Alkoholausschank an Homosexuelle war verboten, gleichgeschlechtliche Paare durften nicht miteinander tanzen, jeder musste mindestens drei Kleidungsstücke entsprechend seinem biologischen Geschlecht tragen. Widerstand gab es nicht – aber an diesem Abend doch. Dass nun selbst das trauernde Gedenken an die Ikone gestört wird und Polizisten wieder brutal knüppeln, führt zu einer gemeinsamen Gegenwehr, zum „Aufstand der Perversen“. Die Gegenwehr ist so stark, dass sich die Polizisten im Stonewall Inn verschanzen müssen und auch ein herangerufenes Sonderkommando die Lage nicht in den Griff bekommt. Aus umliegenden Bars und Kneipen eilen Menschen heran, um den Kampf gegen die Polizei zu unterstützen. Am nächsten Tag, nach einer neuerlichen Razzia, flammt der Kampf erneut auf – und endet erst nach mehreren Tagen, als der Chef der New Yorker Polizei die Polizei-Razzien untersagt. An diesen „Aufstand der Perversen“ wird mit den alljährlich stattfindenden Christopher Street Days in vielen Städten weltweit erinnert. Weiterlesen